BUDGETREDE FÜR DAS BUDGET 2022
Auszug aus der Rede vom 15.12.2021, die Live als Stream übertragen wurde und
die auf You Tube in voller Länge abgerufen werden kann!
Hoher Gemeinderat, sehr geehrte Damen und Herren!
Gesamthaushalt, wie viel Geld geben wir aus und wieviel nehmen wir ein?
Einnahmen in der operativen Gebarung von EUR 64,1 Mio. stehen Auszahlungen von EUR 58,9 Mio. gegenüber, woraus sich ein Überschuss von EUR 5,1 Mio. ergibt. Wir werden aus dem ordentlichen Haushalt rund EUR 1,7 Mio. für Investitionen aufwenden, in Summe gemeinsam mit dem früher so bezeichneten AoH (außerordentlichen Haushalt) EUR 6,9 Mio. an Investitionen, sodass sich nach Abwicklung der Gesamtfinanzierung des ordentlichen und außerordentlichen Haushaltes ein Minus von EUR 350.000,00 ergeben würde, was jedoch durch frei verfügbare Mittel zum Jahresende ohne Weiteres gedeckt ist.
Die frei verfügbaren Mittel des Voranschlages, nämlich der Überschuss aus der operativen Gebarung abzüglich des Schuldendienstes, ergibt frei verfügbare Mittel der Gemeinde von EUR 2,368 Mio., sohin deutlich mehr als im Vorjahr, da waren es lediglich EUR 0,97 Mio.
Selbst nach Abdeckung des oben angeführten negativen Finanzierungssaldos verbleiben positive Rücklagen von rund EUR 1,6 Mio.
Wir haben Schulden abgebaut und machen 2022 auch keine neuen Schulden!
Diese erfreulichen Haushaltsdaten finden im gesamten Voranschlag 2022 Niederschlag. Einerseits haben wir im Jahr 2021 keine Schulden gemacht, sodass wir unseren Schuldenstand um rund EUR 2,5 Mio. verringert haben und meine Zielsetzung ist es, dass dies auch im Jahr 2022 so sein soll. Wie ich bereits im Vorjahr erklärt habe, können wir diesen positiven Befund aber nicht in Zahlen gießen, weil dies vom Rechenwerk nicht vorgesehen ist, sodass wir im Voranschlag Darlehen von EUR 2,5 Mio. ausweisen. Wie aber bereits 2021, ist es meine Absicht diese Schulden nach Möglichkeit nicht aufzunehmen. Ob und wie weit dies möglich sein wird, hängt ausschließlich von der konjunkturellen Gesamtsituation ab, die ganz wesentlich durch die Covid-Pandemie beeinflusst wird.
Es kann gar keine Rede davon sein, dass Kufstein die am höchsten verschuldete Gemeinde im Bezirk ist! Wir haben wesentlich bessere Pro-Kopf-Verschuldung als andere Gemeinden und stehen auch im Vergleich der Bezirkshauptstädte gut da!
Das Vermögen der Stadt Kufstein beträgt laut Rechnungsabschluss 2020 mittlerweile EUR 462.349.707,94 und zeigt die wirtschaftliche Kraft der Stadt Kufstein.
Abzüglich aller Verbindlichkeiten und Rückstellungen ergibt sich ein Nettovermögen von EUR 420 Mio.
Der Gesamtfinanzierungshaushalt von EUR 68,7 Mio. betrifft zu 85,8 % laufenden Aufwand und zu 10,14 % Investitionen. Rund 4 % des Haushaltes benötigen wir für den Schuldendienst.
Wie steigen die Einnahmen im Vergleich zu früher?
Wie ein Vergleich der letzten Jahre zeigt, steigen die Einnahmen von 2021 auf 2022 um rund 9,9 %.Verantwortlich dafür sind gestiegene Abgabenertragsanteile, die nach der Prognose um 21,1 % wachsen sollen, sodass wir 2022 aus diesem Titel rund EUR 26,4 Mio. Einnahmen erwarten dürfen. Ebenso steigen unsere eigenen Steuern, die Kommunalsteuer sollte sich um 8,5 % gegenüber dem pandemiebedingten eher schwachen Jahr 2021 auf EUR 9,2 Mio. steigern. Ebenso haben wir bei den Erschließungskosten eine Steigerung von 17,9 % auf EUR 1,1 Mio. vorgesehen.
Dem gegenüber ist nicht vorgesehen, den Schuldenstand zu erhöhen. Von 2020 auf 2021 sind die Schulden um EUR 2,5 Mio. gesunken, wir haben damit auch deutlich weniger Schulden als noch 2019 und werden im Jahr 2022 diese Entwicklung weiter betreiben. Die Schulden sind also in einem Jahr um rund 9 % gesunken!
Eine ähnliche Senkung würde mir auch für 2022 vorschweben, wo wir einen Schuldendienst von rund EUR 2,5 Mio. für Tilgungen haben, um diesen Betrag könnten wir theoretisch noch einmal unsere Schulden senken.
Wofür geben wir in der Stadt Geld aus?
Auf den Präsentationsfolien habe ich im Detail aufgelistet, welche Beträge die Stadt Kufstein im Jahr 2022 für
- öffentliche Sicherheit (rund EUR 2,2 Mio.),
- Schulen in Kufstein (rund EUR 3,8 Mio.),
- Kinderbetreuung (rund EUR 3,9 Mio.) und
- Maßnahmen für Kinder und Jugendliche (rund EUR 520.000,00)
vorgesehen hat.
Die Subventionen für Sportvereine werden sich auf rund EUR 435.000,00 belaufen, die Sportanlagen kosten uns rund EUR 1,3 Mio. im Jahr und in der Kultur werden wir rund EUR 2,1 Mio. für Institutionen und Veranstaltungen ausgeben.
Das Sozial- und Gesundheitsbudget ist natürlich noch wesentlich größer, hier werden wir ca. EUR 14,2 Mio. im Jahr 2022 aufwenden. Wir haben gerade in diesem Bereich Ausgaben, die andere Gemeinden nicht haben, wie die Miete einer Frauenwohnung, die Subvention der wichtigen Einrichtung Evita oder beispielsweise familienfördernde Maßnahmen, die mit rund EUR 95.000,00 pro Jahr zu Buche schlagen. Daraus erhalten Familien zu Weihnachten für ihre Kinder EUR 180,00 pro Kind.
Der Sozialfonds, Essen auf Rädern, Übergangswohnung für Jugendliche, Heizkostenzuschuss und ähnliche Ausgaben sind für mich nicht aus dem Budget wegzudenken.
Enorme Kosten verursachen die Krankenhäuser, das BKH Kufstein rund EUR 1,5 Mio., das Landeskrankenhaus sogar EUR 4,5 Mio.
In den Altenwohnheimen konnten wir den Abgang wieder einigermaßen in den Griff bekommen, trotzdem werden wir hier EUR 500.000,00 an fehlenden Einnahmen haben.
Für Gemeindestraßen werden wir inklusive einem Umsetzungsbetrag von über EUR 500.000,00 für ein Radwegekonzept über EUR 2 Mio. investieren. Wichtig ist, dass heuer der Bobweg auf die Festung mit rund EUR 630.000,00 umgesetzt wird.
Wirtschaft- und Tourismusförderung belaufen sich auf rund EUR 320.000,00 und zusätzlich geben wir noch einmal rund EUR 975.000,00 für Stadtmarketing aus, worin etwa auch die Kosten für Kufstein Unlimited oder das Kaiserfest beinhaltet sind.
Der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit liegt einerseits auf einer geplanten Sanierung des Kindergartens Endach, wo wir 2022 die Planungen durchführen und ab 2023 die Umsetzung und die Schaffung eines neuen Kindergartens in Zell-Lindenallee, wofür Kosten mit rund EUR 407.000,00 prognostiziert sind. Wir werden für die Baustufe 4 der Fachhochschule im nächsten Jahr EUR 500.000,00 bezahlen, für das Schulzentrum Sparchen noch einmal EUR 250.000,00 und wie bereits oben geschildert für neue Gemeindestraßen und Sanierungen rund EUR 1.030.000,00.
Der Hochwasserschutz ist natürlich ein besonderes Anliegen, hier werden wir in Summe EUR 716.000,00 für die Sofortmaßnahmen zu bezahlen haben und erwarten hier erhebliche Rückzahlungen aus dem Katastrophenfonds.
Ein Großprojekt im nächsten Jahr könnte die Errichtung des Wasserrettungsstützpunktes um rund EUR 1,1 Mio. sein, woran sich die Stadt Kufstein mit einem Grund im Wert von über EUR 500.000,00 und einer Barzahlung von EUR 240.000,00 beteiligt.
Der mittelfristige Finanzplan sieht Ausfinanzierungen des Schulzentrums Sparchen und der Baustelle Fachhochschule ebenso vor wie die Sanierung des Kindergartens in Endach sowie in den nächsten Jahren auch entsprechende Hochwasserschutzbauen für die Bäche. Hier wird im Übrigen an neuen Ideen gearbeitet, die durch ein entsprechendes Geschiebe-Rückhaltebecken unter Umständen Begleitmaßnahmen an den Bachbetten hinfällig machen könnten. Das wäre eine enorme Erleichterung für alle Anrainer.
Wie stehen wir im Vergleich zu früher da?
In Summe ist es für mich sehr erfreulich, dass wir mit deutlich weniger Schulden in das neue Jahr starten und damit defacto den Schuldenstand vor zwölf Jahren inflationsbereinigt in keiner Weise erhöht haben, sondern deutlich weniger Schulden aufweisen als damals und in diesen Jahren unglaubliche Investitionen in der Stadt umgesetzt werden konnten.
Diese erfreuliche Finanzpolitik führt dazu, dass der neue Gemeinderat ab 2022 wiederum große Projekte in Aussicht nehmen kann, die aus meiner Sicht gerade im Bildungsbereich notwendig sein werden.
JUNG UND ALT!
Die Zukunft der Pflege in Kufstein im Altenwohnheim, aber nicht nur dort!
Von Vertretern der SeniorInnen ist Kritik gekommen, weil der Gemeinderat mit breiter Mehrheit die Unterbringung eines Kindergartens in vormaligen Räumen des Altenwohnheimes in Zell beschlossen hat. Man befürchtet, dadurch letztlich zu wenig Betten für die Pflege zur Verfügung zu haben. Das ist natürlich nicht richtig, darauf würde sich die Gemeinde nie einlassen. Tatsache ist, dass wir im Altenwohnheim Zell noch zwölf freie Betten haben, die wir jetzt schon seit langer Zeit nicht belegen können. Es gibt auch keine langen Wartelisten, dafür aber einen echten Notstand bei den Pflegekräften. Das wird leider vielfach ignoriert und der Ernst der Lage wird weder in der Bundes- noch in der Landespolitik ausreichend erkannt. Auch diejenigen jungen Menschen, die sich für eine Pflegeausbildung entschieden haben, springen in Scharen wieder ab und verlassen die Ausbildung noch vor ihrem Abschluss. Das sind ganz klare Alarmsignale, die in einen echten Pflegenotstand münden werden.
Das ist heute bereits absehbar und es kann gar keine Rede davon sein, dass man zusätzliche Pflegebetten auch nur annähernd befüllen könnte. Man muss das Problem daher bei der Wurzel packen und die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte massiv verbessern. Ich rede hier von notwendigen Lohnerhöhungen von zumindest 50 % und auch davon, dass Pflegekräfte während ihrer Ausbildung anständig bezahlt werden müssen. Ein Taschengeld ist hier auf keinen Fall ausreichend, es braucht ein vollwertiges Gehalt. Wir benötigen diese Menschen in diesem Beruf, sonst wird eine Situation eintreten, die wir uns gar nicht vorstellen möchten.
Das geringste Problem besteht wohl darin, Pflegebetten zu errichten, das größte Problem ist das Personal! Die Leitung unseres Altenwohnheimes, nämlich sowohl der Heimleiter als auch der Pflegedienstleiter haben uns die Lösung mit dem Kindergarten vorgeschlagen, weil sie einerseits um die Personalsituation wissen, andererseits aber auch darum, wie wohltuend es für alte Menschen sein wird, wenn sie vermehrt mit Kindern zusammentreffen. Wir erwarten uns hier, was schon einzelne Aktionen in der Vergangenheit gezeigt haben, große Vorteile für Jung und Alt. Es ist nicht sinnvoll, diese Personengruppen gegeneinander auszuspielen. Es wird hier ein großartiges Miteinander geben, von dem alle Beteiligten profitieren.
Schon jetzt gibt es auch Alternativen zum Altenwohnheim, nämlich 16 Wohnungen im obersten Geschoß im Altenwohnheim Innpark und 8 von der Stadt angemietete 5-Euro-Wohnungen direkt neben dem Sozialsprengel. Aber, das müssen noch viel mehr Wohnungen werden und dafür werden wir rasch sorgen!
Wir werden die gesamte Altenpflege in Kufstein auf neue Beine stellen und arbeiten mit Fachleuten ein Konzept aus, das auf den Bedarf jedes einzelnen Menschen eingeht und die für ihn beste Form der Unterbringung und Versorgung feststellt.
Das kann natürlich auch die Unterbringung im Altenwohnheim sein, oft aber ist es die Übersiedlung in ein Betreutes Wohnen nach modernsten Gesichtspunkten in allen Ortsteilen von Kufstein, wo für Essen, Reinigung und auch Versorgung im Gesundheitsbereich, Hilfe bei Problemen des Alltags und geselliges Beisammensein mit anderen BewohnerInnen oder BesucherInnen gesorgt wird. Im Haus befindet sich dann auch eine stets zuständige MitarbeiterIn, die Tag und Nacht zur Unterstützung bereit ist. Wer nur im Urlaub der pflegenden Angehörigen eine Unterbringung braucht soll, sie als Kurzzeitpflege erhalten und wer das nur an manchen Tagen will, der bekommt die Tagesbetreuung. Das ist der viel bessere Weg, als einfach nur immer wieder neue Altenwohnheime zu bauen. Aber auch das werden wir tun, wenn es notwendig ist, in diesem Fall wohl als nächstes in Sparchen.
Mag. Martin Krumschnabel
Bürgermeister der Stadt Kufstein
Interview vom 10.2.2021